Mehr Vielfalt wagen!
Vielfalt im Unternehmen muss gemanagt werden und ist mehr als nur „nice to have“
Für fast 70% der deutschen Unternehmen ist Diversity ein relevantes Thema, wobei davon aber ungefähr 30% sagen, sich noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben. Zu diesem Ergebnis kommen unterschiedlichste Studien. Gleichzeitig sind aber nur in 26 Prozent der befragten Unternehmen Diversity-Verantwortliche im Vorstand oder in der Geschäftsführung angesiedelt – so das Ergebnis einer Studie von „Beyond Gender Agenda“ im Jahr 2021. Auch im Jahr 2023 hat sich an diesen Zahlen wenig verändert.
Nochmal ein anderes Bild ergibt sich, befragt man die Beschäftigen: Denn diese sagen in einer Studien von Stepstone, dass in 60 Prozent der Unternehmen Diversity Management aktuell noch keine große Rolle spielt.
Da klaffen Anspruch und Realität ganz schön auseinander! Oder Eigenwahrnehmung der befragten Unternehmen versus „Fremdwahrnehmung“ durch die Mitarbeitenden?
Diversity rechnet sich
Dabei ist es doch nicht erst seit gestern eine Tatsache, dass Diversity Management ein echter Business Case ist. McKinsey kam schon 2020 zu dem Ergebnis, „dass gender-diverse Firmen eine um 25 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit haben, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Bei der ethnischen Diversität, die die Internationalität abbildet, liegt der Wert sogar bei 36 Prozent.“ (Quelle: McKinsey & Company, Inc.).
Aber das gelingt auch nur, wenn die Vielfalt im Unternehmen nicht nur da ist, sondern aktiv gemanagt wird und Teil der Unternehmensstrategie ist.
Was muss getan werden?
Jedes Unternehmen muss sich klar werden, wie es gelingt, vielfältiger zu werden. Welche Vielfalt wollen wir einladen? Welche unserer Werte laden Vielfalt aktiv ein? Wie ist es beispielsweise um unsere Recruiting-Prozesse bestellt? Inwieweit gibt es unconsciuous biases, die dafür sorgen, dass beispielsweise Bewerber*innen mit ausländisch anmutenden Namen erst gar nicht zum Interview eingeladen werden? Wie genderneutral ist das Wording unserer Jobanzeigen? Welche Möglichketen haben wir, um Menschen mit psychischen und physischen Einschränkungen einzustellen? Wie verläuft der Onboarding-Prozess für internationale Mitarbeitende?
Die Fragen, die hier zu stellen sind, sind genauso vielfältig wie die sich ergebenden Maßnahmen. Und damit zeigt es sich, dass die Etablierung von Vielfalt ein andauernder Prozess ist und keine Sammlung von Einzelmaßnahmen. Dieser Prozess benötigt Ressourcen in Form von Einflussmöglichkeiten, Personal und Budgets.
So ist auch die Förderung von Frauen ist kein reines Frauenthema, es ist vor allem ein Männerthema, denn diese müssen als Führungskräfte die Potentiale erkennen, sie müssen zulassen, dass Frauen Verantwortung übernehmen können und sie sind mitverantwortlich, dass im Unternehmen ein diskriminierungsfreies Umfeld selbstverständlich ist.
Frauen müssen als Role-Models sichtbar sein und aufzeigen, wie Karriere im Unternehmen möglich ist und welche Möglichkeiten von Vereinbarkeit es gibt. Dazu gehört auch, die Männer im Unternehmen zu ermutigen, längere Elternzeiten zu nehmen. Oder Modelle wie Führen in Teilzeit oder in Job-Sharing möglich zu machen.
Viele Aussagen, wie „es bewerben sich keine Frauen“, „die Frauen bringen nicht die richtigen Qualifikationen mit“ oder „wir diskriminieren nicht“ sind bei Tageslicht betrachtet daher faule Ausreden. Wichtig wäre es, zu hinterfragen, wie die Stellenanzeige formuliert war und ob sie Frauen erreicht und wie „die“ richtige Qualifikation aussehen soll oder ob auch Quereinsteiger*innen genau die passende Portion Vielfalt im Gepäck haben. Strukturelle Diskriminierung nehmen in den seltensten Fällen die wahr, die sie verursachen.
Sensibilisierung, Sensibilisierung und Sensibilisierung
Werden die Vorteile von Vielfalt nicht erkannt oder wollen unter Umständen auch von einzelnen gar nicht erkannt werden, lässt sich die beste Strategie nicht umsetzen und leben.
Daher braucht es Sensibilisierung für dieses Thema: Wie gehen wir mit Macht um? Welche Stereotypen und Vorurteile begleiten uns, bewusste und unbewusste? Wie ist es um die interkulturelle Kompetenz im Unternehmen bestellt, wenn kulturelle Vielfalt ein relevantes Thema ist oder werden soll?
Welchen Sinn macht ein Förderprogramm für weibliche Führungsnachwuchskräfte, wenn die Entscheider nicht sensibilisiert sind, diese Frauen zu (be-)fördern? Was hilft die Regenbogenflagge am Eingang, wenn intern der Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt oder sexueller Orientierung als ein zu 100% privates Thema angesehen wird und betroffene Mitarbeitende sich lieber mit einem Outing zurückhalten?
Es wäre leicht, an dieser Stelle noch viele dieser Fragen zu stellen. Aber ohne all diese Fragen und die zum Unternehmen passenden Antworten, ist kein Bekenntnis zu mehr Vielfalt eben nur ein Lippenbekenntnis.
Stellen Sie sich diesen Fragen! Wagen Sie bewusst mehr Vielfalt! Sensibilisieren Sie Ihr Unternehmen und Ihre Mitarbeitenden!
Zur Autorin:
Elke Müller und ihre compass international gmbh sind seit über 25 Jahren Ansprechpartner*innen für kultursensible und diversitätsbewusste Themen in der Personalentwicklung, als Beraterin zeigt sie ihren Kund*innen, wie die Rekrutierung, das Onboarding und die Integration internationaler Fach- und Führungskräfte gelingt oder wie Diversität zu einem Erfolgsfaktor wird.