Über die Zugkraft von Traktoren – ein Social Media-Erlebnisbericht

Ingo Vögele über besondere Erlebnisse als Social Media Administrator

Über die Zugkraft von Traktoren – ein Social Media-Erlebnisbericht

... oder: hinter die Kulissen des viralen Wahnsinns geschaut.

Zum Handwerkszeug eines jeden Marketingberaters gehört heute selbstverständlich die Kommunikation über soziale Medien. Schnell und ohne große Kosten lassen sich hier Inhalte erzeugen, verbreiten und Interaktionen mit dem gewünschten Zielpublikum aufbauen. Unseren Kunden rate ich dabei stets, dass zunächst ein klares redaktionelles Konzept erforderlich ist. Darin sollte ein Redaktionsplan enthalten sein, der vordefiniert, wann wer auf welcher Plattform welchen Content ausspielt. Auch die Frequenz und der Zeitpunkt der einzelnen Postings sind von großer Bedeutung. So lässt sich das Wachstum und die Reichweite, sprich: der Erfolg einigermaßen gut planen.

Doch die Wunderwelt von Social Media, in diesem Fall Facebook, hält selbst für erfahrene Akteure immer wieder erstaunliche Überraschungen bereit. So wie ich es nun in den Tagen vor Weihnachten 2023 erleben durfte, als einer meiner Beiträge ohne erkenntliche Vorwarnung sprichwörtlich viral durch die Decke ging.

 

Hintergrund

Im Ehrenamt engagiere ich mich als Vorstand und Pressesprecher im Verbund Vaihinger Fachgeschäfte e. V., dem aktiven Handels- und Gewerbeverein des Stadtbezirks in dem ich aufgewachsen bin, lebe und mein Unternehmen seinen Sitz hat. Neben vielen verschiedenen Aufgaben bin ich auch seit etwas über 10 Jahren Administrator und Redakteur unserer Facebook-Seite www.facebook.com/vaihingenaktiv. Mit einem bunten Mix an Themen unter der Überschrift „alles Wissenswerte über Stuttgart-Vaihingen“ konnten wir unterdessen eine sehr gute Reichweite durch ca. 6.300 Follower aufbauen. Tatsächlich sind wir mit dieser Plattform die erste Adresse, wenn es um lokale Themen geht – quasi ein Alleinstellungsmerkmal.

Natürlich machen wir all dies nicht zum Zeitvertreib. Der strategische Ansatz ist der, hier eine performante Kommunikations-Plattform für unsere Mitgliedsunternehmen aus Handel, Handwerk und Dienstleistungen zu bieten. Seien es Angebote, Veranstaltungen, Stellenangebote ..., ein Posting auf unserer Facebook-Seite erreicht mehr Empfänger im Stadtbezirk als z. B. eine Anzeige in der lokalen Tageszeitung. Das funktioniert aber nur so gut, weil wir uns bewusst nicht auf die Nachrichten unserer Mitglieder beschränken. Die redaktionelle Mischung aus Veranstaltungshinweisen, Unfallberichten, entlaufenen Katzen, Fotos und Videos aus dem Stadtbezirk, Meldungen aus Verwaltung und Politik erlaubt auch hin und wieder einen Shopping-Tipp eines unserer Mitglieder – ohne dass viele Follower dies als störende „Schleichwerbung“ empfinden und sofort abspringen.

Beispiel für einen Post in ureigener Sache, aus einer Reihe von insgesamt 12 verschiedenen „Last Minute-Geschenk-Tipps“ kurz vor Weihnachten. Hiermit erreichten wir eine Reichweite von 5.709 Impressions und 32 Interaktionen, also Likes, Kommentare und geteilte Beiträge. Dies zur Einordnung des Nachfolgenden.

Blogbeitrag Ingo Vögele Social Media, Beispiel 1

 

Der Tag der Traktoren

Am morgen des 21. Dezember 2023 begegnete mir eine ansehnliche Kolonne von Traktoren, ganz offensichtlich unterwegs zur großen Demonstration der Landwirte, die an diesem Vormittag in der Stuttgarter Innenstadt angekündigt war. Jetzt hat dies nicht direkt mit dem Stadtbezirk Stuttgart-Vaihingen zu tun, dennoch hielt ich es für bemerkenswert genug, einen Schnappschuss zu machen und um 9.44 Uhr mit dem Kommentar „Eben auf der Hauptstraße – und das ist nur ein kleiner Teil“ in einem Post auf Facebook darüber zu berichten. Schließlich sieht ein ein solches Bild selbst auf den Fildern nur sehr selten.

Blogbeitrag Ingo Vögele Social Media, Post auf FacebookWas dann über mich hereinbrach, sprengte alle meine Erwartungen und Erfahrungen.

Bereits direkt nach der Veröffentlichung brach eine kontroverse und unerbittliche Diskussion von Befürwortern und Gegnern dieser Traktoren-Demonstrationen los. Im Sekundentakt erhielt ich Benachrichtigungen über dezidierte Beiträge von vehementen Ampel-Gegnern, Öko-Aktivisten, Bio-Landwirten, konventionellen Landwirten, Veganern, begeisterten Discounter-Kunden, besorgten Bürgern aller Art, politisch ganz Linken und ganz Rechten. Dazwischen natürlich auch jede Menge Konstruktives, dennoch wurde es schnell unübersichtlich. Einzelne Kommentare hatten ganz schnell über zig Unterkommentare, mit teilweise beleidigendem Inhalt, die man natürlich als verantwortungsvoller Administrator im Auge behalten und ggfls. löschen sollte.

Bereits am frühen Abend erreichte mein Beitrag 4.200 Reaktionen mit „Love“ oder „Like“, 600 Kommentare und wurde über dreihundertmal geteilt.

Die Übersicht zu behalten war irgendwann nicht mehr möglich, denn ich habe ja auch noch einen „Nebenjob“, und war in dieser Funktion am Abend auf unserer Weihnachtsfeier. Hier gehört es sich einfach nicht, die Zeit mit wütenden und unflätigen Kommentatoren zu verbringen. Mir blieb nichts anderes übrig, als die Sache laufen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass sich das „System“ selbst im Zaum hält.

Am nächsten Tag eskalierte die Situation weiter, mit 34.000 Likes am Morgen und dann 50.000 am Abend. Bis heute geht die Diskussion, wenn auch auf gemäßigtem Niveau, weiter.

Stand heute (05.01.2023) erreichten mein Post den Rekordwert von 62.313 Reaktionen, 5.243 Kommentare (mit allen Unterkommentaren) und er wurde 3.815 mal geteilt. Das Ganze sorgte für eine Reichweite von 2.85 Millionen Facebook-Nutzern.

Blogbeitrag Ingo Vögele Social Media, Beispiel 2

 

Fazit

Auch wenn sich im Marketing und in der Öffentlichkeitsarbeit vieles planen lässt, manchmal kann man einfach nur staunen, was „Kommissar Zufall“, in diesem Fall Facebook, leisten kann. Obwohl schon so oft totgesagt, entwickelt sich die Plattform weiter, heute mit 47 Millionen aktiven Nutzern in Deutschland, im Jahr 2028 laut einer Prognose von Statista schon mit über 52 Mio. aktiven Nutzern.

Es lohnt sich also für Unternehmen und Organisationen weiterhin, in den Aufbau einer wachsenden Community via Facebook zu setzen.

Nochmals zurück auf meinen konkreten Fall – wir haben durch diesen viralen Hype auch über 600 neue Follower hinzugewonnen, Follower, die uns in der eigentlichen Mission, Inhalten der Gewerbetreibenden  aus dem Stadtbezirk Reichweite zu verschaffen, sehr gut helfen.

 

Zum Autor

Ingo Vögele, Gründungsmitglied im ExpertenRing Stuttgart, ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der modus_vm GmbH & Co. KG – Unternehmensberatung für modulares Marketing, mit Sitz in Stuttgart. Mit über 25 Jahren Erfahrung in der strategischen Beratung mittelständischer Kunden, begeistert er seine Kunden mit kreativen Lösungen rund um die Themen Marketing, Vertrieb, Kommunikation, Kundengewinnung und Kundenbindung. Darüber hinaus ist Ingo Vögele als Buchautor sowie Blogger aktiv und veröffentlicht der regelmäßig interessante Beiträge auf seinem Portal unter www.unternehmer-impulse.de.

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