Die EU-Lieferkettenrichtlinie – gut für deutsche Unternehmen?

Blogbeitrag von Lutz Berners über die EU-Lieferkettenrichtlinie

Die EU-Lieferkettenrichtlinie – gut für deutsche Unternehmen?

Die EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) kommt – und dies ist gut für deutsche Unternehmen. Warum?

Die CSDDD ist seit mehreren Jahren in der Verhandlung. Im März 2024 hat die Richtlinie nun einen wichtigen Meilenstein erreicht: Der Rat der Europäischen Union hat die Richtlinie auf der Grundlage eines weiteren Kompromissvorschlags der belgischen Ratspräsidentschaft gebilligt. Dies geschah nach einem beispiellosen Hin und Her in den Verhandlungen. Insbesondere Deutschland blockierte – entgegen früheren positiven Signalen – auf Betreiben der FDP die Verabschiedung. Um die erforderliche Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten zu gewinnen, mussten erhebliche Zugeständnisse gemacht werden. Jetzt bleibt abzuwarten, ob das Europäische Parlament bei der Plenarsitzung im April den aktuellen Text ebenfalls billigen wird, der den ursprünglich in den Trilog-Verhandlungen erzielten Kompromiss abschwächt.

Die CSDDD ist in mehreren Aspekten schärfer als das bestehende deutsche Lieferkettengesetz (LkSG). Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass die CSDDD für deutsche Unternehmen viele Wettbewerbsvorteile gegenüber Unternehmen aus anderen europäischen Ländern bringt.

Die CSDDD greift bereits ab einer Schwelle von 250 Mitarbeitern, während das LkSG seit 1. Januar 2024 ab 1000 Mitarbeitern gilt (davor: ab 3000 Mitarbeitern). Die hohen Schwellenwerte im LkSG haben in der Praxis aber keinen Effekt, da die größeren Unternehmen die LkSG-Anforderungen sowieso schon an alle ihre Zulieferer weitergegeben haben – unabhängig von deren Größe. Daher ist die Verschärfung im CSDDD de facto sowieso schon Praxis in Deutschland.

Die CSDDD betrifft die komplette Zulieferkette, während das LkSG sich auf die unmittelbaren Zulieferer konzentriert. In der Praxis allerdings betrifft auch schon das LkSG die mittelbaren Zulieferer, da das LkSG bei substantiierter Kenntnis eines Verstoßes bei mittelbaren Zulieferern die Hersteller verpflichtet, Abstellmaßnahmen zu ergreifen. Die CSDDD ist insofern eine Klarstellung für die deutschen Unternehmen, als sie die bislang im LkSG nur implizit vorhandende Pflicht der deutschen Hersteller explizit macht und somit den Unternehmen eine klar Weisung gibt, ihre Prozesse direkt auf die mittelbaren Zulieferer auszudehnen.

Die CSDDD schreibt einen risikofokussierten Ansatz vor, was einen effizienteren Ressourceneinsatz ermöglicht. Das LkSG hingegen schreibt für alle mittelbaren Zulieferer eine umfangreiche Dokumentation vor – unabhängig vom Risikostatus eines Zulieferers. Somit ermöglicht die CSDDD eine Verschlankung der Prozess bei denjenigen Zulieferern, die ein geringes Risiko darstellen.

Bei genauerer Betrachtung ist die CSDDD somit eine Weiterentwicklung des LkSG. Warum aber ist das nun so gut für deutsche Unternehmen?

Das LkSG sorgte bei deutschen Unternehmen bislang für einen Nachteil gegenüber den europäischen Wettbewerbern. Der Initialaufwand für das LkSG-konforme Lieferantenmanagement war hoch. Zudem stiegen auch die durchschnittlichen Einkaufspreise der deutschen Unternehmen – denn besonders preisgünstige Zulieferer, die das LkSG nicht erfüllten, fielen weg. Mit der CSDDD werden nicht nur vergleichbare Pflichten für europäische Wettbewerber der deutschen Unternehmen gelten. Deutsche Unternehmen profitieren dann auch von der Vorarbeit, die sie wegen des LkSG in den letzten Jahren bereits geleistet haben: während einige europäische Wettbewerber nun von Null anfangen, müssen deutsche Unternehmen ihre bereits aufgebauten Prozesse nur anpassen.

 

Fazit

Mit der CSDDD ist ein vorläufiger Zielzustand bei den Sorgfaltspflichten erreicht, der insbesondere für deutsche Unternehmen eine erhebliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den europäischen Wettbewerbern bedeutet. Jetzt bleibt zu hoffen, dass das Europaparlament bei seiner Plenarsitzung im April dem Entwurf zustimmt.

 

Zum Autor Lutz Berners:

Als Internationalisierungsexperte hat Lutz Berners seit Gründung der Berners Consulting GmbH im Jahr 2009 über 100 Internationalisierungsprojekte für mittelständische und große Unternehmen im In- und Ausland begleitet. Sein Team betreut fortlaufend Lieferketten für mehrere mittelständische Unternehmen, einige davon seit über einem Jahrzehnt.

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