Neue Wege der Gewinnung von Auszubildenden
Fachkräftemangel, keinen Nachwuchs für die Berufsausbildung, keine Mitarbeiter im Gaststättengewerbe, keine Mitarbeiter in Serviceberufen!
Die Zeitungen und Arbeitgeberverbände überschlagen sich mit Warnungen und Klagen.
Mitarbeiter, noch dazu engagierte Kollegen können nicht hergezaubert werden. Höheres Gehalt, gute Arbeitsatmosphäre, Teilzeit- oder Homeofficemodelle, Fortbildungsprogramme, etc., also die ganze Palette der Mitarbeiterbindung helfen auch nur begrenzt, wenn auf dem Arbeitsmarkt keine Arbeitnehmer vorhanden sind.
Die Möglichkeiten für Arbeitgeber sind begrenzt. Klassische Mitarbeiter- und Auszubildendengewinnung, insbesondere für den Mittelstand und das Handwerk scheitert häufig an geeignetem Personal.
Welche Möglichkeiten bleiben dem Arbeitgeber, z.B. seine freien Ausbildungsstellen, aus denen später hoffentlich wertvolle Mitarbeiter werden, zu besetzen?
Hier lohnt sich vielleicht ein Blick auf die vergangenen Flüchtlingswellen, mit denen einmal eine Vielzahl von Kindern und Jugendlichen und auch eine Anzahl von qualifizierten Handwerkern in Deutschland gestrandet sind. Die Kinder und Jugendlichen haben mittlerweile sehr häufig nach einer Schulausbildung und Förderung den Hauptschulabschluss oder vergleichbare Abschlüsse, viele auch höhere Bildungsabschlüsse erreicht und dies auch unabhängig von Flüchtlingsanerkennung oder Aufenthaltserlaubnis. Zahlreiche Jugendliche leben hier noch im Rechtszustand der Duldung, sind also per se ausreisepflichtig und können nur aus bestimmtem Gründen nicht abgeschoben werden.
Für Personen mit einer Anerkennung und damit verbunden mit einer Aufenthaltserlaubnis ist die Aufnahme einer Beschäftigung oder einer Ausbildung kein Problem. Mit der Aufenthaltserlaubnis erhalten sie gleichzeitig die Arbeitserlaubnis.
Anders ist dies bei Personen mit Duldung. Hier besteht per Gesetz grundsätzlich keine Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung. Diese Erlaubnis kann aber von der zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Voraussetzung ist, dass die Identität des Ausländers z. B. durch Vorlage eines Reisepasses oder bei Nationalitäten, deren Botschaften keine Pässe ausgeben, durch Vorlage anderer Nachweise geklärt ist. Weiterhin muss eine Arbeitsstelle oder auch eine Ausbildungsstelle nachgewiesen werden. Dann kann eine Arbeitserlaubnis beantragt werden.
Für Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe besonders wichtig ist die Verlässlichkeit der Aufenthaltsdauer des Auszubildenden oder des Arbeitnehmers, da meistens die Duldungspapiere nur für einige Monate von den Ausländerbehörden verlängert werden.
Für Auszubildende kann hier jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen eine sogenannte Ausbildungsduldung beantragt werden, die sicherstellt, dass der Auszubildende für den Zeitraum der Ausbildung in Deutschland bleibt. Weiterhin kann dann bei erfolgreichem Abschluss des Ausbildungsverhältnisses von dem potenziellen Arbeitnehmer eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Arbeit beantragt werden, so dass der Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung unabhängig von flüchtlingsrelevanten Aufenthaltsrechten dem Arbeitgeber rechtssicher als Arbeitnehmer zur Verfügung steht.
Zur Besetzung von Ausbildungsplätzen gerade im Handwerk und im Mittelstand sollte diese Möglichkeit der Mitarbeitergewinnung nicht außer Acht gelassen werden.
Auch über die Berufsausbildung hinaus lassen sich qualifizierte oder leichter zu qualifizierende motivierte Mitarbeiter aus der Gruppe der Migranten werben. Häufig sind neben handwerklichem Geschick auch die Improvisationsbereitschaft und das lösungsorientierte Arbeiten Selbstverständlichkeiten, die dieser Personenkreis häufig aus seinen Heimatländern mitbringt. Hinzu kommt noch eine Mehrsprachigkeit, die sich Unternehmen zunutze machen können.
Aufenthaltsrechtliche Fragen lassen sich häufig bei guter Vorbereitung klären und lösen. So stehen Rechtsinstrumente, wie die Beschäftigungsduldung zur Verfügung, bei denen ebenfalls für einen Zeitraum von 36 Monaten ein Bleiberecht gesichert und anschließend eine Arbeitserlaubnis möglich ist.
Im Hinblick auf das von der Bundesregierung geplante und wahrscheinlich im Herbst im Bundestag zu verabschiedende Teilhabechancengesetz werden die Voraussetzungen für Migranten, die bereits einige Jahre in Deutschland sind, weiter verbessert und damit der Zutritt zum Arbeitsmarkt deutlich erhöht.
Neben den Regelungen der Blauen Karte und der Möglichkeiten für hochqualifizierte Mitarbeiter aus dem außereuropäischen Ausland stellen die oben beschriebenen gesetzlichen Regelungen eine gute Möglichkeit dar, zumindest einen Teil des Mitarbeitermangels zu kompensieren.
Zum Autor Rechtsanwalt Volker Schmidt
Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierung und mit abgeschlossenem Fachanwaltskurs für Migrationsrecht ist Rechtsanwalt Volker Schmidt seit Jahren in den beiden Rechtsgebieten tätig und damit sowohl mit den Problemen des Mittelstandes sowie auch mit den Hürden des Migrationsrechts vertraut. In der von ihm 2005 gegründeten Kanzlei SCHMIDT Rechtsanwälte ist neben ihm die Rechtsanwältin Natascha Raquet, Fachanwältin für Migrations- und Sozialrecht tätig. Die Kanzlei begleitet Unternehmen und Privatpersonen in allen Fragen des Ausländerrechts.