Grundsteuer-Reform – ab Juli 2022 geht es los!

Marco Kotschner

Grundsteuer-Reform – ab Juli 2022 geht es los!

Aufgrund der gesetzlichen Grundsteuer-Reform müssen alle Grundstückseigentümer in der Zeit zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 eine elektronische Steuererklärung auf den Stichtag 1. Januar 2022 abgeben. Alle heißt dabei auch tatsächlich alle: Betroffen sind sowohl vermietete als auch privat genutzte, betrieblich genutzte, landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzte Immobilien; selbst für unbebaute Grundstücke, Bauplätze usw. gilt die Abgabepflicht. Nur in sehr wenigen Ausnahmen (bspw. Religionsgemeinschaften) besteht keine Erklärungspflicht.

Die Gutachterausschüsse sollten hierfür bis 30. Juni 2022 die Bodenrichtwerte ermitteln und veröffentlichen. Dabei kann es allerdings regional zu Verzögerungen kommen. Im Anschluss an die Erklärungsabgabe dürfen sich dann aber die Finanzämter über zwei Jahre Zeit für die Bearbeitung lassen.

Grundsteuer-Reform: Um was geht es?

Das BVerfG hat dem Gesetzgeber bereits 2018 aufgegeben, die Bewertung von Grundstücken in Deutschland für die Grundsteuer neu zu regeln. Hintergrund ist die als verfassungswidrig beurteilte Einheitsbewertung, die auf Werten aus den 60-er Jahren (bzw. in Ostdeutschland aus den 30-er Jahren) beruht, durch die es zur unterschiedlichen Besteuerung eigentlich gleicher Grundstücken komme.

Mit der Reform der Grundsteuer will der Gesetzgeber diese Ungleichheit beseitigen, ohne die durch die Grundsteuer erzielten Einnahmen insgesamt zu verändern. Dafür muss der für die Grundsteuer maßgebliche Grundstückswert neu festgestellt werden. Ab dem Jahr 2025 dürfen die Gemeinden und Städte die Grundsteuer nur noch auf Basis der neuen Grundstückswerte festsetzen.

Was bedeutet die Neuregelung für Sie?

Sie werden beziehungsweise wurden bereits vom Finanzamt aufgefordert, eine Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte auf elektronischem Weg abzugeben. Und zwar für jedes einzelne Grundstück, das Ihnen gehört bzw. an dem Sie beteiligt sind. Bei der Bewertung gelten in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche, z. T. sehr komplexe Regelungen. Neben dem sogenannten Bundesmodell, konnten die Bundesländer auch eigene Bewertungsmodelle festlegen, wozu sich neben Baden-Württemberg, auch weitere Bundesländer entschieden haben (Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen).

Grob vereinfacht gesagt hängt es davon ab, wo sich ein Grundstück befindet und wie es genutzt wird, um überhaupt erst herauszufinden, welches der verschiedenen vorgesehenen Bewertungsverfahren anzuwenden ist. Erst danach ist feststellbar, welche konkreten Parameter für die Bewertung Ihres Grundstücks benötigt werden.

Auch wenn vorgesehen ist, dass es durch die Reform der Grundsteuer insgesamt nicht zu einer Mehrbelastung der Grundstückseigentümer kommen soll, kann nicht ausgeschlossen werden bzw. ist es sehr wahrscheinlich, dass einzelne Grundstückseigentümer zukünftig eine deutlich höhere Grundsteuer zahlen müssen. Hier bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form die Gemeinden und Städte neue, für die Festsetzung der Grundsteuer relevante Hebesätze, festlegen werden.

Bewertung nach dem Bundesmodell

Nach dem bundeseinheitlichen Bewertungsmodell werden Grundstücke je nach deren Nutzung nach einem „Ertragswertverfahren“ oder einem vereinfachten „Sachwertverfahren“ bewertet.

Das „Ertragswertverfahren“ ist insbesondere bei Wohngrundstücken anzuwenden. Für das Ertragswertverfahren werden je nach Bundesland u.a. pauschalierte Nettokaltmieten und Bewirtschaftungskosten vorgegeben, die für die Gebäudebewertung maßgeblich sind. Diese werden je nach Mietniveaustufen erhöht oder verringert. Zusätzlich wird der Grund und Boden auf Basis der von den Gutachterausschüssen neu festgelegten Bodenrichtwerte zum 01.01.2022 bewertet.

Das vereinfachte „Sachwertverfahren“ kommt für Geschäftsgrundstücke und für gemischt genutzte Grundstücke zur Anwendung. Auch hier wird der Grund und Boden mit den zum 01.01.2022 neu festgesetzten Bodenrichtwerten bewertet. Das darauf befindliche Gebäude wird je nach Gebäudeart und dessen Baujahr mit gesetzlich vorgegebenen Normalherstellungskosten bewertet.

Bewertung nach dem „modifizierten Bodenwertmodell“ in Baden-Württemberg

Das Grundstück wird hier ausschließlich nach dem Bodenwert bewertet. Hierzu wird der zum 01.01.2022 von den Gutachterausschüssen neu ermittelte Bodenrichtwert mit der Grundstücksfläche multipliziert.

Das Bewertungsergebnis wird dann noch mit der gesetzlich vorgegebenen Steuermesszahl multipliziert, um den Grundsteuermessbetrag zu erhalten. Die Steuermesszahl wird dabei für Grundstücke, die überwiegend Wohnzwecken dienen, um einen pauschalen Abschlag reduziert. Zudem sind der soziale Wohnungsbau und Kulturdenkmäler ebenfalls begünstigt.

Die Art der Nutzung bzw. der Bebauung des Grundstücks ist abgesehen von den genannten Wohnzwecken irrelevant. Gleiches gilt für den Zuschnitt des Grundstücks und z.B. auch für das Baufenster. So können zwei nebeneinanderliegende gleich große Grundstücke einmal mit einem Einfamilienhaus und einmal mit einem Mehrfamilienhaus bebaut sein, für beide Grundstückseigentümer wird allerdings der gleiche Grundsteuermessbetrag festgesetzt. Ob dies am Ende vor den Gerichten standhält, bleibt abzuwarten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Grundsteuermessbescheide gründlich zu prüfen sind und gegebenenfalls gegen die Steuerbescheide vorgegangen werden muss.

Welche Angaben werden benötigt?

Um die erforderliche Feststellungserklärung einreichen zu können, benötigen Sie zunächst das Ihnen wahrscheinlich bereits zugesandte Aktenzeichen für Ihre „Feststellungserklärung“. Dieses erhalten Sie i.d.R. von Ihrem Finanzamt.

Darüber hinaus werden u.a. folgende Informationen benötigt:

  • Bodenrichtwert zum 01.01.2022
  • Lage des Grundstücks aus Kaufvertrag, ggf. aus Schreiben des Finanzamts
  • Gemarkung / Flurstück
  • Fläche des Grundstücks
  • ggf. Anteil am Flurstück (bei Wohneigentum oder Teileigentum)

Wie können Sie selbst eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts elektronisch übermitteln?

Grundsätzlich kann jeder selbst die erforderliche Erklärung elektronisch an das zuständige Finanzamt übermitteln. Hierfür kann das Portal „Mein Elster“ verwendet werden, die erforderlichen Formulare werden voraussichtlich ab 1. Juli 2022 zur Verfügung stehen. Bitte beachten Sie, dass Sie für die Übermittlung ein „Elster-Zertifikat“ benötigen, welches Sie auf www.elster.de beantragen können. Die Registrierung kann allerdings mehrere Wochen dauern.

Für einfache Bewertungen (unbebaute Grundstücke, Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen) können Grundstückseigentümer in Ländern, die das Bundesmodell anwenden, unter www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de eine vereinfachte elektronische Übermittlungsmöglichkeit in Anspruch nehmen.

Mit der Erstellung und Übermittlung Ihrer Grundsteuererklärungen können Sie gerne die Kanzlei Maier beauftragen. Weitere Informationen zur Grundsteuer finden Sie außerdem in den FAQs des Bundesministeriums der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/faq-die-neue-grundsteuer.html) sowie des Ministeriums für Finanzen Baden-Württemberg (https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/steuern/grundsteuer/faq-grundsteuer) und für Baden-Württemberg unter www.grundsteuer-bw.

Zum Autor Marco Kotschner:

Marco Kotschner ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der Kanzlei Dr. Maier & Kotschner. Seit der Gründung im Jahr 1974 stehen bei der Kanzlei Dr. Maier & Kotschner konsequente Zuverlässigkeit, kontinuierliche Weiterentwicklung und unaufdringliche Kundennähe im Mittelpunkt. „Persönlich. Verlässlich. Fortschrittlich.“ Diese drei Worte markieren die Grundpfeiler unserer Arbeit, denn unsere Mandanten stehen selbstverständlich immer im Mittelpunkt.

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