Ein Überblick über die Besteuerung des Handels mit Kryptowährungen bei Privatanlegern

Marco Kotschner über die steuerlichen Aspekte beim Handel mit Kryptowährungen

Ein Überblick über die Besteuerung des Handels mit Kryptowährungen bei Privatanlegern

Virtuelle Währungen (Kryptowährungen) erfreuen sich auch in Deutschland immer größerer Beliebtheit und sind in den letzten Jahren für risikofreudige Anleger zu einem alternativen Spekulationsobjekt geworden. Während die Besteuerung von Anlagen in Fonds, Aktien etc. in der Regel von den jeweiligen (Depot-)Banken übernommen werden, müssen sich die Anleger für deren Investments in Kryptowährungen oftmals selbst mit dem Thema „Besteuerung“ auseinandersetzen und die korrekte Umsetzung in der eigenen Einkommensteuererklärung sicherstellen. Allerdings ist gerade deren steuerliche Behandlung seit Jahren ein Streitthema mit der Finanzverwaltung. Mit BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022 hat diese Einzelfragen zur Besteuerung von virtuellen Währungen und sonstigen Token veröffentlicht. Höchstrichterliche Rechtsprechungen liegen hierzu allerdings bisher heute nicht vor, so dass eine gewisse Unsicherheit bei der Besteuerung von Kryptowährungen noch eine längere Zeit bestehen werden.

Ganz allgemein werden Kryptowährungen im Steuerrecht als „sonstige Wirtschaftsgüter“ angesehen und somit Kunstwerken oder anderen Wirtschaftsgütern gleichgestellt. Für Privatpersonen hat dies zur Folge, dass der Handel mit Kryptowährungen grundsätzlich für deren Einkommensbesteuerung relevant ist. Gewinne müssen daher mit dem individuellen Einkommensteuersatz (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) versteuert werden.

Grundsätzlich gilt auch bei Kryptowährungen für Privatpersonen eine Spekulationsfrist von einem Jahr. Das bedeutet, wenn zwischen Kauf und Verkauf einer Kryptowährung mehr als ein Jahr liegt, müssen Gewinne nicht versteuert werden. Verluste aus Veräußerungsgeschäften, bei denen die Spekulationsfrist von einem Jahr bereits abgelaufen ist, können dann allerdings auch nicht steuerlich geltend gemacht werden.

Wann wird eine Kryptowährung „veräußert“?

Eine Veräußerung liegt immer dann vor, wenn Kryptowährungen als Zahlungsmittel eingesetzt oder in eine andere Währung „getauscht“ werden. Dabei führt auch der Tausch in eine andere virtuelle Währung zu einem steuerlich relevanten Verkauf.

Umsatzsteuer

Der „Tausch“ einer Kryptowährung in Euro und umgekehrt ist von der Umsatzsteuer befreit. Wird eine Kryprowährung jedoch als Zahlungsmittel eingesetzt, liegt ein umsatzsteuerlich relevanter Tausch vor (Kryptowährung gegen Ware oder Dienstleistung) und es muss geprüft werden, ob und in welcher Höhe eine Umsatzsteuerbelastung für die Privatperson anfallen könnte. Sollten Sie Kryptowährungen in größerem Umfang als Zahlungsmittel einsetzen, empfehle ich Ihnen mit Ihrem Steuerberater abzustimmen, ob sich hieraus eine Umsatzsteuerpflicht für Sie ergibt.

Prüfung der Spekulationsfrist von einem Jahr

Da Gewinne und Verluste aus dem Handel mit Kryptowährungen nur dann steuerlich relevant sind, wenn zwischen An- und Verkauf weniger als ein Jahr liegt (einjährige Spekulationsfrist), sollten der Anschaffungs-/Veräußerungszeitpunkt und die Anschaffungskosten / der Veräußerungspreis für jede Transaktion dokumentiert werden. In der Praxis gestaltet sich eine genaue Zuordnung allerdings gerade bei einer größeren Anzahl an Transaktionen oft als schwierig, weshalb aus Vereinfachungsgründen auf die sogenannte FIFO-Methode (First-in-first-out) zurückgegriffen werden kann. In diesem Fall wird immer die zuerst gekaufte Kryptowährung veräußert. Angekündigt ist zudem ein weiteres BMF-Schreiben zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten für den Handel mit Kryptowährungen. Welche konkreten Vorgaben dieses Schreiben beinhalten wird, bleibt abzuwarten. Gleiches gilt für das mögliche Veröffentlichungsdatum. Einfacher wird es aber sicherlich nicht werden.

Mittlerweile sind bereits diverse Tools auf dem Markt verfügbar (zum Beispiel: CoinTracking, Blockpit, Accointing etc.), die insbesondere bei einer Großzahl an Transaktionen die Ermittlung von Veräußerungsgewinn-/verlusten übernehmen. In diese können sämtliche Transaktionen mit Kryptowährungen eingelesen und entsprechend den Vorgaben der Finanzverwaltung ausgewertet werden.

Bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns/-verlusts ist weiterhin zu beachten, dass sämtliche anfallende Gebühren für Kauf (Teil der Anschaffungskosten) und Verkauf (Verkaufskosten) einer Kryptowährung (Händlerprovisionen) den Veräußerungsgewinn reduzieren bzw. -verlust erhöhen.

Beispiel zur FIFO-Methode

  • 10.01.2022 Kauf von 2 BTC für Euro 20.000
  • 10.02.2022 Kauf von 1 BTC für Euro 10.000
  • 10.03.2022 Kauf von 3 BTC für Euro 40.000
  • 10.04.2022 Verkauf von 3 BTC für Euro 40.000

Bei der Anwendung der FIFO-Methode werden die am 10.01.2022 und 10.02.2022 erworbenen 3 BTC veräußert. Somit ergibt sich ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn in Höhe von Euro 10.000 (= Euro 40.000 - Euro 20.000 - Euro 10.000), da innerhalb von einem Jahr die Veräußerung der erworbenen BTC erfolgte.

Falls eine Einzelbetrachtung möglich ist und nachgewiesen werden kann, dass tatsächlich die am 10.03.2022 erworbenen BTC veräußert wurden, würde sich kein Veräußerungsgewinn ergeben (= Euro 40.000 - Euro 40.00).

Würden die 3 BTC allerdings erst am 10.04.2023 veräußert werden, wäre ein Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig, da zwischen allen 3 Käufen und dem Verkauf mehr als ein ein Jahr liegt.

Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte

Bei der Ermittlung von steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen von Kryptowährungen ist zudem zu beachten, dass eine Freigrenze von aktuell Euro 600 pro Jahr berücksichtigt wird. Bis zu dieser Freigrenze müssen Veräußerungsgewinne innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist nicht versteuert werden. Sobald allerdings die steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne diese Freigrenze übersteigen, muss der gesamte Betrag versteuert werden.

Dabei ist zu beachten, dass diese Freigrenze für sämtliche private Veräußerungsgeschäfte anzuwenden ist. Neben dem Handel mit Kryptowährungen betrifft dies auch weitere Veräußerungen, bei denen zwischen Kauf und Verkauf nicht mehr als ein Jahr liegt (zum Beispiel: Verkauf eines PKWs, Verkauf von Möbel und Kunstwerken etc.).

Behandlung von Veräußerungsverlusten

Werden bei der Veräußerung von Kryptowährungen Verluste erzielt, sind diese grundsätzlich mit allen in diesem Jahr erzielten Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechenbar. Sollte sich am Ende eines Jahres ein Verlustüberhang ergeben, kann dieser nicht mit weiteren steuerpflichtigen Einkünften aus anderen Einkunftsarten (zum Beispiel Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit als Angestellter) verrechnet werden.

Dieser Verlustüberhang kann jedoch in die Zukunft vorgetragen (Verlustvortrag) und mit zukünftigen Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften in den Folgejahren verrechnet werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass ein Verlustüberhang ins Vorjahr zurückgetragen werden und dort mit bereits versteuerten privaten Veräußerungsgewinnen verrechnet werden kann. Ob ein Verlustüberhang als Verlustvortrag oder –rücktrag behandelt werden soll, können Sie ihm Rahmen Ihrer privaten Einkommensteuererklärung angeben.

Ausnahmen und weitere Besonderheiten

  • Sollte das Finanzamt aufgrund einer hohen Anzahl an Transaktionen sowie weiterer Anzeichen (z.B. Anmietung von Räumlichkeiten, Beschäftigung von Mitarbeitern für den Handel mit Kryptowährungen) davon ausgehen, dass es sich bei dem Handel mit Kryptowährungen um eine gewerbliche Tätigkeit handelt und somit keine privaten Veräußerungsgeschäfte mehr vorliegen, hat das gravierende Auswirkungen auf die Besteuerung von Transaktionen mit Kryptowährungen. Insbesondere ist bei einer gewerblichen Tätigkeit die Spekulationsfrist von einem Jahr nicht mehr anzuwenden und es müssen somit sämtliche Veräußerungsgewinne versteuert werden, unabhängig von der Haltedauer einer Kryptowährung. In diesem Fall empfiehlt es sich die Folgen einer gewerblichen Tätigkeit mit Ihrem Steuerberater abzustimmen. Gerne unterstützt Sie hier auch die Kanzlei Maier bei der Prüfung, ob eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt und wenn ja, welche Folgen sich hieraus für Sie ergeben.
  • Aufgrund des hohen Energieverbrauchs sowie der hierfür erforderlichen speziellen Hard- und Software stuft die Finanzverwaltung das „Schürfen“ von Kryptowährungen (Mining) regelmäßig als gewerbliche Tätigkeit ein. Eine Ausnahme hiervon liegt vor, wenn keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt (bzw. dauerhaft keine Gewinne erzielt werden können) und somit eine steuerlich nicht anzuerkennende „Liebhaberei“ vorliegt. Aufgrund der aktuell hohen Strompreise und der rückläufigen Kurse der Kryptowährungen ist nicht ausgeschlossen, dass u.a. eine dauerhafte Gewinnerzielung zukünftig nicht mehr in jedem Fall gegeben ist.
  • „Lending“:
    Beim „Lending“ werden einer anderen Person Kryptowährungen für eine bestimmte Zeit überlassen und hierfür eine Vergütung für die Überlassung vereinbart. Die Zahlung der Überlassungsgebühr wird ebenfalls in der vereinbarten Kryptowährung geleistet. Neben dem Bonitätsrisiko des Empfängers muss in diesen Fällen auch auf das Kursrisiko der Kryptowährung geachtet werden. Während der Überlassung der Kryptowährung kann z.B. nicht auf starke Kursverluste durch einen (halbwegs) rechtzeitigen Verkauf der Kryptowährung reagiert werden.
    Die hieraus erzielten Einnahmen aus der Überlassung sind als sonstige Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu deklarieren und unterliegen somit ebenfalls dem individuellen Steuersatz. Diese können nicht mit etwaigen Verlusten aus dem Verkauf von Kryptowährungen verrechnet werden.
  • Darüber hinaus setzt sich das BMF-Schreiben mit vielen weiteren Themen rund um die Besteuerung von Kryptowährungen auseinander. Das BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022 finden Sie hier:
    Bundesfinanzministerium - Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token.

Für Privatpersonen wichtig zu wissen

  • Der Handel mit Kryptowährungen ist grundsätzlich einkommensteuerpflichtig.
  • Die Höhe der Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften richtet sich nach dem individuellen Einkommensteuersatz (zzgl. ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer).
  • Für die Ermittlung des Gewinns/Verlustes aus dem Handel mit Kryptowährungen ist jeder Steuerpflichtige selbst verantwortlich.
  • Liegen zwischen Kauf und Verkauf einer Kryptowährung mehr als ein Jahr, muss ein etwaiger Veräußerungsgewinn nicht versteuert werden.
  • Übersteigen die innerhalb der Spekulationsfrist realisierten privaten Veräußerungsgewinne in einem Jahr die Freigrenze in Höhe von Euro 600, muss der gesamte Betrag versteuert werden.
  • Darüber hinaus sind im BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022 weitere Besonderheiten aufgeführt, die bei der Besteuerung von Kryptowährungen beachtet werden müssen.

Zum Autor Marco Kotschner:

Marco Kotschner ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der Kanzlei Dr. Maier & Kotschner. Seit der Gründung im Jahr 1974 stehen bei der Kanzlei Dr. Maier & Kotschner konsequente Zuverlässigkeit, kontinuierliche Weiterentwicklung und unaufdringliche Kundennähe im Mittelpunkt. „Persönlich. Verlässlich. Fortschrittlich.“ Diese drei Worte markieren die Grundpfeiler unserer Arbeit, denn unsere Mandanten stehen selbstverständlich immer im Mittelpunkt.

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