Firmenveranstaltungen und Nachhaltigkeit

Günter Dull über Firmenveranstaltungen und Nachhaltigkeit

Firmenveranstaltungen und Nachhaltigkeit

Im Jahr 2017 bin ich mit meiner Firma, einer Fachagentur für Erlebnismarketing und Full-Service-Agentur für MICE (Meetings, Incentives, Konferenzen und Events), der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN) des Landes Baden-Württemberg beigetreten. Schon lange davor hatten wir uns bei Kundenprojekten für Nachhaltigkeit eingesetzt. Schon vor 20 Jahren hatten wir Nachhaltigkeitsaspekte in unseren Organisationsplänen und haben unter anderem Abfall- und Nachhaltigkeitsmanager eingesetzt, die vor Ort waren, um Umweltaspekte zu berücksichtigen, Umweltschäden und Müll zu vermeiden und Mülltrennung sicherzustellen.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Trend in der MICE-Branche und immer mehr Unternehmen setzen auf nachhaltige Konferenzen, Meetings, Incentives und Messen. Die Sensibilisierung für Nachhaltigkeit bei Veranstaltungen hat insgesamt zugenommen und es wird erwartet, dass dieser Trend weiter anhält. Nachhaltigkeit ist zwischenzeitlich für viele Veranstaltungsplaner ein wichtiger Faktor bei der Auswahl von Veranstaltungsorten.

Immer mehr Teilnehmer achten darauf, dass Veranstaltungen nachhaltig und umweltfreundlich organisiert sind. Einige Teilnehmer wählen gezielt Veranstaltungen aus, die sich für Nachhaltigkeit engagieren. Eine steigende Zahl von Teilnehmern achtet auf die Auswirkungen ihrer Veranstaltungsteilnahme auf die Umwelt und suchen nach Möglichkeiten, diese Auswirkungen zu minimieren. Es gibt auch immer mehr Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Nachhaltigkeitsrichtlinien für Veranstaltungsteilnahmen vorgeben. Von veranstaltenden Unternehmen oder Gastgebern wird erwartet, dass sie Verantwortung für die Umwelt und die Auswirkungen durch die Veranstaltung übernehmen. Unternehmen können mit nachhaltigen Veranstaltungen in der Öffentlichkeit ihr soziales und ökologisches Engagement zeigen.

 

Unternehmen sind zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet

Seit April 2017 gilt in Deutschland das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (kurz CSR-RUG), das bestimmte Unternehmen dazu verpflichtet, gewisse Nachhaltigkeitsinformationen offenzulegen. CSR ist die „Corporate Social Responsibility“, also die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung. Ganz gleich, ob verpflichtend oder nicht: Die Stakeholder der Unternehmen erwarten in der heutigen Zeit von Unternehmen, dass sie sich nachhaltig engagieren – und möchten dementsprechend darüber informiert werden. Ab 2024 gelten dazu gänzlich neue Gesetze.

Zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind Unternehmen, die:

  • einen Umsatz höher als 40 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme höher als 20 Millionen Euro aufweisen können,
  • mehr als 500 Mitarbeiter haben und kapitalmarktorientiert sind, genauso wie
  • Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften – ganz gleich, ob börsennotiert oder nicht.

Indirekt können aber noch weitere Unternehmen zu Auskünften über ihre Nachhaltigkeit angehalten werden: Häufig erwarten die von der Pflicht betroffenen Unternehmen, dass bspw. ihre Lieferanten ihre CSR-Informationen an die Großbetriebe weitergeben, damit diese entlang der Supply Chain aufzeigen können, inwieweit sie sich nachhaltig engagieren. Tochterunternehmen müssen wiederum nicht berichten – sofern sie bereits in dem Lagebericht des Mutterunternehmens mitberücksichtigt werden.

 

Wo die Emissionen entstehen, ist nicht immer offensichtlich

Eine Möglichkeit, Nachhaltigkeit in MICE-Projekten umzusetzen, ist die Wahl umweltfreundlicher Veranstaltungsorte, die Energie- und Ressourceneffizienz in den Vordergrund stellen. Auch bei der Verpflegung und Übernachtung der Teilnehmer sollte auf Nachhaltigkeit geachtet werden, z. B. durch die Verwendung regionaler und saisonaler Lebensmittel sowie umweltfreundlicher Hotelkonzepte.

Ein Beispiel für die CO²-Emission eines Luxus-Hotels in der Schweiz, das bereits sehr nachhaltig arbeitet, mit Geothermie heizt und den Strom durch PV-Anlagen selbst erzeugt, zeigt, wo es noch viel Potential gibt.

In der folgenden Grafik wird ersichtlich, dass in diesem Hotel 15% der CO²-Emissionen durch Heizung, Kühlung und Brennstoffe entstehen. 85% sind jedoch indirekte Emissionen. Diese werden durch Einkauf und Zubereitung der Speisen (F&B), durch Fahrten des Personals, durch externe Dienstleister wie z. B. Wäschereien oder durch Abfallbeseitigung verursacht. Durch geeignete Maßnahmen gibt es in diesen Bereichen ein hohes Potential für Verbesserungen. Faktoren für umweltfreundliche Hotelkonzepte sind z. B. auch:

  • Energieeffizienz und Nachhaltigkeit: z. B. Einsatz von erneuerbaren Energien, Verwendung von energiesparenden Geräten und Lichtquellen
  • Abfallmanagement: z. B. Vermeidung von unnötigem Abfall, Verwendung von recycelbaren Materialien
  • Wassermanagement: z. B. Verwendung von wassersparenden Geräten, Re-genwassernutzung
  • Lärmminderung: z. B. Schallisolierung, Schutz von empfindlichen Ökosyste-men
  • Klimaschutz: z. B. Vermeidung von Treibhausgasemissionen, Unterstützung von klimafreundlichen Technologien
  • Viele mehr

Carbon Emission Overview

Was passiert eigentlich mit dem CO² und wo bleibt es?

Wie lange CO² in der Atmosphäre verbleibt, zeigt die folgende Grafik:

Short-Lived Climate Pollution
Daten: Short-Lived Climate Pollution (Pierrehumbert)

Der Hauptanteil der Emissionen entsteht durch die Anreise

Der größte Anteil der CO²-Emission entsteht nicht durch den Energieverbrauch beim Veranstaltungsort, durch das Catering, dem Hotel und die Transfers, sondern durch die Anreise der Teilnehmer.

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Auswirkung der Anreise zu einem Veranstaltungsort habe ich im Jahr 2022 bei einem Nachhaltigkeitskongress auf Madeira erlebt. Durch die eher ungünstige Auswahl des Tagungsortes mussten alle Teilnehmer mit dem Flugzeug anreisen. Der gesamte CO²-Ausstoß bei dieser Veranstaltung wurde erfasst und ausgewertet. Von 207 Tonnen CO²-Emission bei der gesamten Veranstaltung fielen 176 Tonnen allein auf die Anreise. Dies zeigt deutlich, dass die CO²-Emission für die Anreise bei der Planung einer Veranstaltung enorm wichtig ist.

Auf die Anreise kann auch ganz verzichtet werden. Besonders gut klappt das bei Meetings, die virtuell stattfinden können und so den Bedarf an Reisen und Übernachtungen reduzieren und die Umweltbelastung minimieren. So ein Online-Meeting oder Webinar ist eine gute Möglichkeit für den fachlichen Austausch, aber es ist kein Event oder Meeting, bei dem sich die Menschen begegnen. Zum echten Erleben gehören alle Sinne, Einzigartigkeit und Originalität und der ganze Mensch. Viele haben den Unterschied während der Corona-Zeit und den Lockdowns bemerkt und festgestellt, dass es sich anders anfühlt, ob man die Teilnehmer vorher schon einmal persönlich getroffen hatte oder diese völlig unbekannt waren. Auf persönliche Kontakte kann und darf deshalb auch in Zukunft nicht vollständig verzichtet werden.

 

Wie sieht die Zukunft aus? Es gibt noch viel zu tun!

Es gibt noch genügend Herausforderungen und erhebliches Verbesserungspotential, insbesondere bei der Planung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen und bei der Messbarkeit ihrer Auswirkungen.

Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit ist immer noch nicht selbstverständlich, weder in Deutschland noch in Europa. Besonders schwierig ist es, nachhaltige Aspekte außerhalb Europas umzusetzen, da hier das Verständnis für die Maßnahmen und die damit verbundenen Kosten oft völlig fehlt.

Bei MICE-Projekten sollten folgende Faktoren für Nachhaltigkeit berücksichtigt werden:

  • Umweltfreundliche Reiseoptionen: Förderung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Car-Sharing oder grünen Reiseoptionen.
  • Nachhaltige Veranstaltungsorte: Verwendung von Gebäuden mit hoher Energieeffizienz und nachhaltiger Infrastruktur.
  • Verantwortungsbewusste Verpflegung: Verwendung von lokalen und saisonalen Zutaten, Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und Förderung vegetarischer und veganer Optionen.
  • Nachhaltige Materialien: Verwendung von biologisch abbaubaren und recycelbaren Materialien für die Veranstaltung und das Marketing.
  • Minimierung von Abfall: Umsetzung von Abfallmanagement-Programmen und Vermeidung von unnötigem Abfall durch digitale Lösungen.
  • Soziale Verantwortung: Förderung der lokalen Wirtschaft und Community-Entwicklung durch Verwendung lokaler Dienstleister und Unterstützung sozialer Projekte.

Wir werden weiterhin versuchen, möglichst viele dieser Faktoren zu berücksichtigen und nachhaltige Meetings und Events zu planen und zu realisieren. Diese „Green Meetings“ und „Green Events“ werden nach ökologischen und nachhaltigen Gesichtspunkten organisiert. Es werden Maßnahmen ergriffen, um den ökologischen Fußabdruck der Veranstaltung zu minimieren. Dieser Fußabdruck muss für die Veranstaltung erfasst und protokolliert und die Teilnehmer darüber informiert werden. So wird ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit geschaffen und die Teilnehmer und Gäste dazu inspiriert, ihr eigenes Verhalten zu ändern oder zu optimieren. Das Bestreben des Gastgebers, die Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, bleibt bei den Teilnehmern und Gästen in positiver Erinnerung.

 

Zum Autor Günter Dull:

Als Eventexperte und Eventsachverständiger hat Günter Dull seit Gründung der Dull Entertainment GmbH im Jahr 1984 über 3000 MICE-Projekte (Meetings, Incentives, Conventions, Events) für mittelständische und große Unternehmen im In- und Ausland kreiert, geplant und erfolgreich realisiert.

Die Dull Entertainment GmbH ist Unterzeichner der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN) des Landes Baden-Württemberg und realisiert bevorzugt nachhaltige Events und Meetings in grün zertifizierten Locations, nachhaltigen Städten, mit regionalen Produkten, Dienstleistern und Lieferanten. Ein Nachhaltigkeitskonzept gehört zu jeder Planung dazu.

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