Meetings, Events und Incentives in Zeiten von Corona

Blogbeitrag Günter Dull

Meetings, Events und Incentives in Zeiten von Corona

„Was wissen wir bisher über das Kommunikationsverhalten von Menschen? Scheinbar so gut wie nichts“. Das war das ernüchternde Fazit eines Vortrags, den ich im Herbst 2020 auf einem internationalen Forum gehalten habe.

Durch die Corona-Pandemie und den Lockdown gab es auf einmal unzählige Webinare, Online-Weinproben, Online-Biertastings, Online-Kochkurse, Online-Teambuildings und scheinbar sogar Online-Events. Jedoch ist ein „Online-Event“ gar nicht möglich.

Als Eventexperte habe ich seit 38 Jahren mit Menschen zu tun, schaffe Marktplätze der Begegnung und fördere mit den passenden Kommunikationskonzepten echte Begegnungskommunikation: Die Kommunikation von Menschen mit Menschen. Diese Begegnungskommunikation ist nötig, da sie aufgrund der nicht mehr vorhandenen Arbeitsplatzstruktur und manchmal fehlender Unternehmenskultur auf der Strecke geblieben ist. Zehn Mitarbeiter teilen sich einen Arbeitsplatz und arbeiten von zu Hause aus, oft in anderen Ländern. Sie kennen sich nicht persönlich. Ein Betriebsklima ist gar nicht mehr vorhanden, bzw. möglich. Es ist unbestritten, dass eine Zusammenarbeit von Menschen besser und produktiver funktioniert, wenn sich die agierenden Menschen persönlich kennen. Dieser Kommunikation von Mensch zu Mensch wird zu wenig oder gar keine Beachtung geschenkt.

Schon vor der Corona-Pandemie wurde bei Events oder Meetings immer mehr auf die Digitalisierung gesetzt. Menschen reisten um die Welt, trafen sich persönlich an einem Tagungsort und hätten dort die Möglichkeit gehabt, sich kennenzulernen, auszutauschen und zu kommunizieren. Aber was passierte: Mittels „Gamification“ und „Eventtools“ saßen die Teilnehmer manchmal stundenlang mit mobilen Geräten vor einem großen LED-Screen und machten etwas „interaktiv“. Was für eine Ironie. Dies wurde nur noch dadurch getoppt, dass Webinare als Event bezeichnet wurden. Ein Webinar ist eine gute Möglichkeit für Online-Vorträge und fachliche Meetings, aber es ist kein Event. Ein Event ist ein Erlebnis. Das ist die Definition. Zu echtem Erleben gehören alle Sinne, Einzigartigkeit und Originalität und der ganze Mensch.

Erlebnisschemata:

Zur Definition ein kleiner Auszug aus meinem Buch „Die Wirkungsfeldstrategie“.

Es wird in der Verhaltenspsychologie zwischen verschiedenen Erlebnisschemata unterschieden, die unterschiedlich, jedoch nicht voneinander getrennt angesprochen werden müssen. Diese sind:

Biologisch programmierte Schemata

Dies sind Erlebnisse und Reize, auf die alle Menschen aufgrund der Biologie gleich reagieren. Heiß wird überall als heiß und kalt überall als kalt empfunden. Eine raue Oberfläche wird überall als rau und eine glatte von jedem als glatt empfunden. Die körperliche Reaktion sorgt zusammen mit den Informationen für die größte Merkfähigkeit.

Kulturell geprägte Schemata

Diese Empfindungen unterscheiden sich innerhalb der Kulturen. Norddeutsche haben andere kulturelle Empfindungen als Süddeutsche, Deutsche andere als Asiaten, Afrikaner oder Amerikaner. Die Umgangsformen sind anders, die körperlichen Distanzen unterscheiden sich erheblich. So haben Amerikaner zum Beispiel einen persönlichen Raum von 30 bis 50 cm um sich und vermeiden Körperkontakt. Europäer haben einen Raum von nur 10-30 cm um sich, berühren sich auch gelegentlich. Wenn eine europäische Frau während eines Gesprächs einem fremden Amerikaner freundschaftlich die Hand auf die Schulter legt, kann dies vom Amerikaner völlig anders verstanden werden.

Zielgruppenspezifische Schemata

Grundlage dieser Schemata ist, dass sich die Zielgruppe für ihr Fachgebiet interessiert. So wird sich ein Händler für Drucker sicher für Drucker interessieren, ein Bäcker jedoch weniger. Dieser interessiert sich mehr für Teigknetmaschinen, Backöfen usw. Die Zielgruppe kann auch eine Interessengemeinschaft sein, zum Beispiel ein Tennisverein. Dort kann man mit einem Tennisball oder einem berühmten Tennisspieler mehr erreichen als in einem Schachklub.

Ein wichtiger Leitsatz für den Meetings, Events und Incentives lautet:

Erinnerungsfähigkeit an Ereignisse korreliert stark mit Originalität und Unterscheidbarkeit.

Direktes und aktives Erleben unterstützt die Erinnerungsfähigkeit.

Explanatives Erleben

Eigenes Ausprobieren und kennenlernen innerhalb von strukturierten bzw. unstrukturierten Situationen

Soziales Erleben

Austausch und Interaktion mit anderen Teilnehmern (Gruppenerlebnis)

Biotisches Erleben

Erleben der eigenen Körperlichkeit, d.h. körperliche Herausforderungen jeglicher Reizmodalität

Soziales Erleben:

Das soziale Erleben ist der wichtigste Punkt und bei Online-Meetings oder sogenannten Online-Events nicht vorhanden. Jeder weiß und hat schon gespürt, dass die Empfindungen zu anderen Menschen über den visuellen Eindruck hinausgehen. Es passiert bei der Begegnung mehr, als über unsere 5 Sinne zu erklären ist. Unsere Erfahrungen, unsere Empfindungen und unser Bauchgefühl signalisieren uns im Bruchteil einer Sekunde Sympathie, Antipathie oder Neutralität. Bei Online-Events passiert dies nicht.

Zugegeben, die Entwicklung der MICE-Projekte durch die Corona-Pandemie ist nicht nur nachteilig. Ich habe auch schon für unsere Kunden Meetings in Kuala Lumpur, Las Vegas oder Dubai realisiert, wobei der Aufwand an Zeit und Kosten aber in keinem Verhältnis zum Erreichen der Ziele stand, vom gigantischen CO²-Fußabdruck ganz zu schweigen. Durch Corona wurden viele unnötige Reisen durch Online-Meetings ersetzt, dadurch die Umwelt geschont und Kosten eingespart.

Ebenfalls durch die Pandemie können viel mehr Meetings, Incentives und Events als nachhaltige „Green-Meetings“ und „Green-Events“ geplant und realisiert werden, was uns als WIN-Charta-Unternehmen für Nachhaltigkeit natürlich freut.

Was also tun?

Welche Schritte sind für Meetings und Events in Zeiten von Corona erforderlich und wie kann das soziale Erleben wieder gefördert werden und stattfinden?
Für gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit in Teams, Abteilungen oder mit Kunden muss die Priorität auf das persönliche Zusammentreffen und Kennenlernen liegen. Es müssen Marktplätze der Begegnung mit emotionalen Ebenen geschaffen und die Begegnungskommunikation gefördert werden. Meetings, Kickoffs, Teamcoachings, Events oder Incentives sind auch unter Coronabedingungen realisierbar, auch wenn die Konzepte entsprechend angepasst werden müssen.

Zum Autor Günter Dull:

Als Eventexperte und Eventsachverständiger hat Günter Dull seit Gründung der Dull Entertainment GmbH im Jahr 1984 über 3000 MICE-Projekte (Meetings, Incentives, Conventions, Events) für mittelständische und große Unternehmen im In- und Ausland kreiert, geplant und erfolgreich realisiert.

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